Gestern haben die "Märkte am Morgen" von HSBC Trinkaus auf eine interessante Entwicklung in Irland hingewiesen. Den Massendowngrade der irischen Banken in den Junkbereich hatte ich ja gebracht (
Die wunderbare Welt der Wirtschaft!: Irische Bankschulden sind jetzt Junk sagt Moody's). Diese wurden jetzt von weiteren Downgrades der besicherten Anleihen gefolgt. Grund dafür war die Anzahl der überfälligen Hypotheken, die Moody's im "Timely Payment Indikator" erfasst. Dieser Indikator sank auf den schlechtest möglichen Wert und da er einer der Richtwerte für das Rating ist, sanken auch die Ratings. Und zwar kräftig um 4 bzw. 5 Stufen.
Betroffen sind bisher nur die drei Hypothekenbanken, die drei großen Geschäftsbanken (Anglo Irish, Allied Irish, Bank of Ireland) blieben bis jetzt verschont. Die Auswirkungen wären aber extrem. Wenn sich die Banken Geld bei der EZB leihen, müssen sie einen Sicherheitsabschlag vornehmen. Je schlechter die Bonität der hinterlegten Wertpapiere, desto größer das Abschlags und desto weniger Liquidität fließt zurück.
Konkret würde bei einer Abstufung der besicherten Anleihen der irischen Geschäftsbanken der Abschlag von 3,5% auf 15,5% oder 25,5% (je nach Liquidität der Anleihe) steigen. Damit könnten sich die Banken dann bei einem Anleihepreis von 78 Euro nicht mehr 76,80 Euro sondern nur noch 67,50 bzw. 59,70 Euro Liquidität bei der EZB beschaffen.
Damit würde sich die eh schon stark angespannte Liquiditätslage bei den irischen Banken nochmals dramatisch verschärfen. Denn defakto bekommen diese eh nur noch von der EZB und der irischen Notenbank Geld.
HSBC Trinkaus: Märkte am Morgen 16.2.2001
Wobei die Geldvergabe der irischen Notenbank eh schon "seltsam" ist und das direkt aus zwei Gründen (dazu habe ich bis jetzt nichts geschrieben, weil das ziemlich nerdig ist. Wer sich für die Details interessiert, kann sich die drei verlinkten Artikel durchlesen, für das grobe Bild reicht aber hoffentlich meine Zusammenfassung):
a) Die irische Notenbank verleiht mehr Geld als sie eigentlich hat. Sie erzeugt also defakto Geld, was für eine normale Notenbank auch normal ist. Die irische Notenbank ist aber keine normale Notenbank mehr, denn in der Eurozone liegt das Monopol dafür allein bei der EZB.
FT Alphaville » The mechanics of Irish euro-printing
Willem Buiter hat die ganze Nummer in ziemlich langen, nerdigen Texten auseinander genommen und zeigt sich ziemlich verwirrt angesichts der vielen offenen Fragen. Die Eurozone finanziert defakto insolvente Banken (was nie ihr Job war oder ist). Weiterhin sind die Entcheidungswege dafür völlig unklar (wer entscheidet das eigentlich?) und genauso unklar ist die Haftung (was passiert, wenn die Bank das nicht zurückzahlen kann?).
FT Alphaville » What Ireland’s secret liquidity costs
b) Der Zins für die Notkredite der irischen Notenbank an die irischen Banken liegt unter 3% und ist damit extrem niedrig. Die irischen Banken bekommen billiger Geld als der irische Staat! Hallo, geht's noch?
FT Alphaville » Ireland’s secret liquidity is unbelievably cheap
Die ganze Gestaltung der Länder/Banken-Rettungsfonds ist doch das reinste Chaos. Nicht einmal die große Linie ist geklärt, also z.B. die Frage, worum sich die EZB kümmert und worum die Stabilitätsfonds. Das geht alles lustig durcheinander und ist mit völlig ungeklärten Beschlusswegen und Verantwortlichkeiten versehen.
Da müssen wir uns über die Verdopplung des Volumens dieser Chaosveranstaltung doch keine Sorgen machen ... (siehe
VOLUMEN DES EU-RETTUNGSFONDS VERDOPPELT)
Update (11:36):
Ich kann noch ein "nerdiges" Detail nachschieben (wenn ihr das nicht versteht, ist es auch nicht schlimm, denn die Erklärungsversuche sind ziemlich spekulativ ...).
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist ein bestimmter Topf der Übernachtfinanzierung bei der EZB kräftig um etwa 16 Milliarden Euro nach oben geschossen. Der erste Verdacht lag auf einem "Fat-Finger", also einer Fehleingabe der Art 15 Mrd. statt 1,5 Mrd. Dann hätte das aber in der Nacht danach verschwinden müssen. Ist es aber nicht, es waren gestern Nacht erneut etwa 16 Mrd. mehr als normal.
Jetzt wird eine andere Erklärung in die Diskussion geworfen. Die Umschichtung könnte zu Vorbereitungsmaßnahmen der irischen Banken gehören, noch stärker auf die Töpfe der irischen Notenbank zuzugreifen. Das könnte direkt aus drei Gründen sinnvoll sein:
i) Die Zinsen sind niedriger, s.o.
ii) Möglicherweise plant die EZB, die Geldzuteilung nicht mehr (wie seit Beginn der Krise üblich) unlimitiert durchzuführen. Normalerweise wird das Geld "versteigert" und nur wer genügend hohe Zinsen zahlt, bekommt auch was, wer zu wenig bekommt, muss sich das Geld bei anderen Banken holen (und da würden der irischen Banken nichts mehr bekommen). Dadurch könnten die Zinsen steigen und/oder die Zuteilung unsicherer werden. Das ist die Spekulation, die Barclay's bringt.
iii) Mir fällt noch ein anderer Grund ein, nämlich die oben erwähnten Abschläge auf herunter geratete Sicherheiten. Würde das irische Finanzierungsprogramm ELA auf diese erhöhten Abschläge verzichten, bekämen die irischen Banken dort weiterhin ausreichend Liquidität. Das ist allerdings (wie die ii) von Barclay's) nur reine Spekulation. Die Nummer könnte man quasi im Geheimen durchziehen, denn das ganze Thema rund um den ELA der irischen Notenbank ist komplett intransparent und es würde voraussichtlich kaum jemand mitbekommen ...
FT Alphaville: Clues to the eurozone’s €15.8bn fat finger
Update (13:33):
Ganz so nerdig scheint das Thema doch nicht zu sein, es hat es immerhin schon bis zu Marketwatch in die USA geschafft:
ECB emergency overnight lending jump persists - MarketWatch
Und eine Sache muss ich zur Erklärung noch nachreichen und zwar den Grund, warum die Übernachtgeschäfte der EZB so auffällig sind: Diese werden nämlich normalerweise kaum benutzt, da der Zinssatz bei 1,75% liegt und damit 75 Basispunkte höher als der Leitzins von 1,0%. Man leiht sich da also eigentlich nur in Notfällen Geld. Was auch das normale Volumen von 3 Milliarden Euro andeutet; der Sprung um 15 Milliarden sticht daher sofort ins Auge.
Gestern haben die "Märkte am Morgen" von HSBC Trinkaus auf eine interessante Entwicklung in Irland hingewiesen. Den Massendowngrade der irischen Banken in den Junkbereich hatte ich ja gebracht (
Die wunderbare Welt der Wirtschaft!: Irische Bankschulden sind jetzt Junk sagt Moody's). Diese wurden jetzt von weiteren Downgrades der besicherten Anleihen gefolgt. Grund dafür war die Anzahl der überfälligen Hypotheken, die Moody's im "Timely Payment Indikator" erfasst. Dieser Indikator sank auf den schlechtest möglichen Wert und da er einer der Richtwerte für das Rating ist, sanken auch die Ratings. Und zwar kräftig um 4 bzw. 5 Stufen.
Betroffen sind bisher nur die drei Hypothekenbanken, die drei großen Geschäftsbanken (Anglo Irish, Allied Irish, Bank of Ireland) blieben bis jetzt verschont. Die Auswirkungen wären aber extrem. Wenn sich die Banken Geld bei der EZB leihen, müssen sie einen Sicherheitsabschlag vornehmen. Je schlechter die Bonität der hinterlegten Wertpapiere, desto größer das Abschlags und desto weniger Liquidität fließt zurück.
Konkret würde bei einer Abstufung der besicherten Anleihen der irischen Geschäftsbanken der Abschlag von 3,5% auf 15,5% oder 25,5% (je nach Liquidität der Anleihe) steigen. Damit könnten sich die Banken dann bei einem Anleihepreis von 78 Euro nicht mehr 76,80 Euro sondern nur noch 67,50 bzw. 59,70 Euro Liquidität bei der EZB beschaffen.
Damit würde sich die eh schon stark angespannte Liquiditätslage bei den irischen Banken nochmals dramatisch verschärfen. Denn defakto bekommen diese eh nur noch von der EZB und der irischen Notenbank Geld.
HSBC Trinkaus: Märkte am Morgen 16.2.2001
Wobei die Geldvergabe der irischen Notenbank eh schon "seltsam" ist und das direkt aus zwei Gründen (dazu habe ich bis jetzt nichts geschrieben, weil das ziemlich nerdig ist. Wer sich für die Details interessiert, kann sich die drei verlinkten Artikel durchlesen, für das grobe Bild reicht aber hoffentlich meine Zusammenfassung):
a) Die irische Notenbank verleiht mehr Geld als sie eigentlich hat. Sie erzeugt also defakto Geld, was für eine normale Notenbank auch normal ist. Die irische Notenbank ist aber keine normale Notenbank mehr, denn in der Eurozone liegt das Monopol dafür allein bei der EZB.
FT Alphaville » The mechanics of Irish euro-printing
Willem Buiter hat die ganze Nummer in ziemlich langen, nerdigen Texten auseinander genommen und zeigt sich ziemlich verwirrt angesichts der vielen offenen Fragen. Die Eurozone finanziert defakto insolvente Banken (was nie ihr Job war oder ist). Weiterhin sind die Entcheidungswege dafür völlig unklar (wer entscheidet das eigentlich?) und genauso unklar ist die Haftung (was passiert, wenn die Bank das nicht zurückzahlen kann?).
FT Alphaville » What Ireland’s secret liquidity costs
b) Der Zins für die Notkredite der irischen Notenbank an die irischen Banken liegt unter 3% und ist damit extrem niedrig. Die irischen Banken bekommen billiger Geld als der irische Staat! Hallo, geht's noch?
FT Alphaville » Ireland’s secret liquidity is unbelievably cheap
Die ganze Gestaltung der Länder/Banken-Rettungsfonds ist doch das reinste Chaos. Nicht einmal die große Linie ist geklärt, also z.B. die Frage, worum sich die EZB kümmert und worum die Stabilitätsfonds. Das geht alles lustig durcheinander und ist mit völlig ungeklärten Beschlusswegen und Verantwortlichkeiten versehen.
Da müssen wir uns über die Verdopplung des Volumens dieser Chaosveranstaltung doch keine Sorgen machen ... (siehe
VOLUMEN DES EU-RETTUNGSFONDS VERDOPPELT)
Update (11:36):
Ich kann noch ein "nerdiges" Detail nachschieben (wenn ihr das nicht versteht, ist es auch nicht schlimm, denn die Erklärungsversuche sind ziemlich spekulativ ...).
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist ein bestimmter Topf der Übernachtfinanzierung bei der EZB kräftig um etwa 16 Milliarden Euro nach oben geschossen. Der erste Verdacht lag auf einem "Fat-Finger", also einer Fehleingabe der Art 15 Mrd. statt 1,5 Mrd. Dann hätte das aber in der Nacht danach verschwinden müssen. Ist es aber nicht, es waren gestern Nacht erneut etwa 16 Mrd. mehr als normal.
Jetzt wird eine andere Erklärung in die Diskussion geworfen. Die Umschichtung könnte zu Vorbereitungsmaßnahmen der irischen Banken gehören, noch stärker auf die Töpfe der irischen Notenbank zuzugreifen. Das könnte direkt aus drei Gründen sinnvoll sein:
i) Die Zinsen sind niedriger, s.o.
ii) Möglicherweise plant die EZB, die Geldzuteilung nicht mehr (wie seit Beginn der Krise üblich) unlimitiert durchzuführen. Normalerweise wird das Geld "versteigert" und nur wer genügend hohe Zinsen zahlt, bekommt auch was, wer zu wenig bekommt, muss sich das Geld bei anderen Banken holen (und da würden der irischen Banken nichts mehr bekommen). Dadurch könnten die Zinsen steigen und/oder die Zuteilung unsicherer werden. Das ist die Spekulation, die Barclay's bringt.
iii) Mir fällt noch ein anderer Grund ein, nämlich die oben erwähnten Abschläge auf herunter geratete Sicherheiten. Würde das irische Finanzierungsprogramm ELA auf diese erhöhten Abschläge verzichten, bekämen die irischen Banken dort weiterhin ausreichend Liquidität. Das ist allerdings (wie die ii) von Barclay's) nur reine Spekulation. Die Nummer könnte man quasi im Geheimen durchziehen, denn das ganze Thema rund um den ELA der irischen Notenbank ist komplett intransparent und es würde voraussichtlich kaum jemand mitbekommen ...
FT Alphaville: Clues to the eurozone’s €15.8bn fat finger
Update (13:33):
Ganz so nerdig scheint das Thema doch nicht zu sein, es hat es immerhin schon bis zu Marketwatch in die USA geschafft:
ECB emergency overnight lending jump persists - MarketWatch
Und eine Sache muss ich zur Erklärung noch nachreichen und zwar den Grund, warum die Übernachtgeschäfte der EZB so auffällig sind: Diese werden nämlich normalerweise kaum benutzt, da der Zinssatz bei 1,75% liegt und damit 75 Basispunkte höher als der Leitzins von 1,0%. Man leiht sich da also eigentlich nur in Notfällen Geld. Was auch das normale Volumen von 3 Milliarden Euro andeutet; der Sprung um 15 Milliarden sticht daher sofort ins Auge.
Droht allen irischen Banken der "Mastbruch"?